Lehelden @ Huffington Post

Wir wurden von der Online Zeitung interviewt!

Sabine Mangenn vom Lehelden Vorstand wurde vor kurzem von der Huffington Post interviewt, unten dann das ganze Interview zum nachlesen!

Die E-Mail erreichte mich, kurz bevor das Flugzeug abhob: „Am kommenden Montag findet eine außerordentliche Versammlung statt. Die Kita bittet alle Eltern, anwesend zu sein.“

Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich bereits, dass mein Leben sich mit dieser Nachricht auf dramatische Weise verändern wird. Dass ich eine eigene Kita gründen würde, ahnte ich da noch nicht.

Auf der Sitzung teilte man uns mit, dass die Kita meiner Tochter, die einem kirchlichen Träger gehörte, zum kommenden Jahr geschlossen wird – zwei Wochen vor Ablauf der Anmeldefrist für das neue Kita-Jahr.

Eine Katastrophe. Urplötzlich stand ich ohne eine Betreuung für mein Kind da. Das war im März 2014.

Meine Familie und ich waren gerade auf dem Weg zurück nach Deutschland. Wir hatten eine zeitlang in Tel Aviv gelebt und wollten nun meine Tochter fest in ihrer Münchner Kita unterbringen. Von einer Schließung war nie die Rede.

Zu diesem Zeitpunkt war ich noch im Mutterschutz. Aber wie sollte ich meiner Dreieinhalb-Jährigen erklären, dass sie ab jetzt nicht mehr mit Gleichaltrigen spielen kann, sondern die Tage mit ihrer Mutter und ihrem sechs Monate alten Geschwisterkind verbringen muss? Es hätte sich für sie wie eine Strafe angefühlt.

„Ich war unglaublich enttäuscht“

Damals waren wir froh, überhaupt einen Platz zu haben, denn auch wir kannten die Zahlen. 2014 fehlten bundesweit 150.000 Betreuungsplätze, davon circa 5000 allein in München.

In dem Moment, als mir klar wurde, dass meine Tochter keinen Kita-Platz mehr hat, fühlte ich mich alleingelassen und völlig orientierungslos. Der kirchliche Träger hatte uns einfach fallen gelassen und wir hatten keinen Plan B. Es war unglaublich enttäuschend.

Mein Mann war berufstätig und auch ich hatte mit meinem Jüngsten alle Hände voll zu tun. Da wir also auf eine Betreuung unseres Kindes angewiesen waren, rannten wir von Kita zu Kita. Überall trafen wir auf verzweifelte Eltern.

Die Plätze in den privaten Tagesstätten waren längst vergeben und staatliche Einrichtungen völlig überfüllt. Wir bekamen Absage um Absage.

Mehr zum Thema: BLOG: Überleben… und irgendwann zerbrechen. Über den Alltag eines Erziehers

Einzig eine Kita am Rande der Stadt hatte noch einen Platz frei. Doch die war so weit entfernt, dass sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln kaum zu erreichen war.

Selbst der Versuch an die Presse zu gehen und den Missstand öffentlich zu machen, blieb damals ohne Erfolg. Trotz anstehender Bürgermeisterwahlen, interessierte sich die Politik schlicht nicht für unsere Sorgen. Mit Unterstützung war also nicht zu rechnen.

Die Gründung der Kita brachte einen unglaublichen bürokratischen Aufwand mit sich

Das größte Problem war, passenden Raum zu finden. Die Stadt München wollte einfach keine Räume für eine neue Kita vermieten – zu laut, zu schmutzig und überhaupt bestehe gar kein Bedarf an zusätzlichen Betreuungsplätzen.

Das hat mich besonders enttäuscht. Nicht nur, dass die Stadt uns zuvor im Regen hatte stehen lassen. Nein, sie legte uns bei dem Versuch, selbst tätig zu werden, auch noch unnötig Steine in den Weg.

Dass die St.-Lukas-Kirche uns schließlich ihre Räume zur Verfügung stellte, war pures Glück. Doch das war erst der Anfang des Prozesses.

Als Vorstand der Kita wurde ich über Nacht zur Unternehmerin. Der bürokratische Aufwand war der Wahnsinn! Von Datenschutz über Brandschutz bis hin zum Kinderschutz musste alles abgesichert sein.

Ich hätte mir damals schon etwas mehr Unterstützung von Seiten der Stadt gewünscht. Und dabei meine ich keine finanzielle, sondern ideelle.

Stattdessen wollte die Stadt uns zunächst die Betriebserlaubnis für die Kita verweigern und veranlasste unangekündigte Überprüfungen der baulichen und brandschutztechnischen Gegebenheiten.

Wegen all dieser kleinen und großen Kämpfe habe ich viel über die Haftung nachgedacht. Plötzlich waren wir für das Wohl von über 20 Kindern verantwortlich und standen quasi permanent mit einem Fuß im Gefängnis.

Was, wenn sich ein Kind verletzt, wir die Steuer nicht richtig abführen oder mit harmlosen Fotos ungewollt Datenschutzverordnungen brechen?

„Alle haben gesagt, wir haben keine Chance“

Um Geld von der Stadt zu bekommen, schrieben meine Mitstreiterinnen und ich das pädagogische Konzept für die Kita auf eigene Faust. Das hat dann auch Früchte getragen.

Die finanzielle Unterstützung der Stadt deckt auch heute noch 80 Prozent der Kosten. Die fehlenden 20 Prozent werden durch Beiträge der Eltern aufgebracht. Mit dieser Finanzierung kommt die Tagesstätte gerade so auf Null.

Als wir begannen nach Erziehern zu suchen, haben sich sehr viele Bewerber für die Stellen interessiert. Natürlich bot eine junge Einrichtung wie unsere den Betreuern die Möglichkeit, ihre eigene Vorstellungen zu verwirklichen. Das hat viele Anwärter gereizt.

Anfangs haben auch die Eltern versucht, sich in unser pädagogisches Konzept einzumischen. Da mussten wir dann ganz klar eine Grenze ziehen. Ideen werden jetzt an Elternabenden diskutiert und je nachdem umgesetzt – so wie in jeder anderen Kita auch.

Auch heute noch sind meine Kinder nicht ausreichend betreut

Meine Älteste geht mittlerweile zur Schule und mein damals sechs Monate alter Sohn in unsere Kita. Da muss ich mir also keine Sorgen mehr machen.

Meine Jüngste ist allerdings erst knapp eineinhalb Jahre alt, weshalb sie nur in die LeHelden Mini Gruppe gehen kann, die die Kinder lediglich an drei Tagen in der Woche betreut.

Aufgrund baulicher Gegebenheiten – die Toiletten befinden sich nicht auf der selben Etage wie die Spielräume – darf die Betreuung der Kleinen nicht in Kita- sondern nur in 20-stündiger Krippenform stattfinden. Regeln, die es uns unmöglich machen, die Betreuung anzubieten, die Eltern dringend bräuchten.

Mehr zum Thema: BLOG: Ich leite eine kleine Kita – und muss zehn Eltern absagen, jeden Tag

Auch bin ich immer noch darin eingeschränkt, meinem eigenen Beruf nachzugehen. Als Krankenschwester könnte ich definitiv mehr arbeiten, aber die lückenhafte Betreuungssituation lässt das einfach nicht zu. Leerstellen überbrücken mein Mann und ich oft mit privat engagierten Babysittern.

Ja, der bürokratische Aufwand war der Wahnsinn, aber wir haben es schließlich doch geschafft. Die Kita LeHelden betreut mittlerweile rund 41 Kinder im Alter von sechs Monaten bis sechs Jahren und darauf, finde ich, können wir wirklich stolz sein.

Das Gespräch wurde aufgezeichnet von Janina Zillekens

Leave Your Reply